Abstände und Zonen

Trete ich jemandem auf die Füße, steht er mir zu nah.
Fernöstliches Sprichwort

Menschen spüren instinktiv, wenn andere Menschen ihnen zu nah sind. Diesen Instinkt haben Menschen aus der Urzeit und er ist ein Schutz vor anderen. Jeder Mensch wählt selbst aus, wer ihm nah kommen darf und wer auf Abstand bleiben muss. In der Öffentlichkeit kommen sich fremde Menschen oft zu nah, wie zum Beispiel in öffentlichen Verkehrsmitteln oder in Aufzügen. Sind fremde Menschen sich zu nah, ist die Stimmung in der Regel ruhig bis gedrückt, jeder beschäftigt sich mit irgendetwas, zum Beispiel mit dem Smartphone, mit Zeitschriften usw.

Fahren fremde Menschen zusammen in einem Aufzug, schauen sie zu Boden und es wird kaum gesprochen. Anders verhält es sich, wenn bekannte Menschen zusammen sind und sich laut unterhalten. In einem sozialen Kontext, in dem ansonsten lauter fremde Menschen zusammenkommen, wirken solche Cluster aus sich bekannten und vertrauten Menschen wie Fremdkörper. Zum natürlichen Instinkt, Abstand zu halten, kommen noch kulturelle Eigenheiten. So gehört in Amerika das eigene Büro zur Intimzone. Steht eine Bürotür offen, klopft man trotzdem an und wartet, bis man hereingebeten wird. Dagegen gehört in Deutschland nur der Schreibtisch im Büro zur Intimzone. Steht eine Bürotür in Deutschland offen, geht man in das Büro hinein und wartet, bis der andere sich einem zuwendet. Nur wenn die Bürotür geschlossen ist, hat man draußen zu warten. Handys und Smartphones gehören mittlerweile auch zum Intimbereich. Niemand darf ohne Erlaubnis an ein fremdes Handy oder Smartphone.

Betrachten wir einen Esstisch. Ein Esstisch ist unbewusst in Zonen eingeteilt und unbewusst werden diese Zonen auch eingehalten. Nimmt eine Person zu viel Platz vom Tisch ein, fühlt man sich unwohl oder sogar bedrängt. Wenn Raucher anwesend sind, achten Sie einmal darauf, wo und wie sie ihre Zigarettenschachtel platzieren. Hat der Raucher die Schachtel bei sich liegen oder wird die Schachtel in der Mitte des Tisches abgelegt? Wird eine Zigarettenschachtel auf den Tisch geworfen und liegt sie über der Tischmitte, prüft der Raucher, wie viel Raum er einnehmen kann. Liegt die Zigarettenschachtel weit in unserem Bereich, ist dies schon ein Versuch von Machtausübung. Hinzu kommt noch der Status einer Person. Je höher der Status, desto mehr an Intimzone wird ihr von anderen zugestanden.

Dringen Menschen in Zonen ein, die ihnen nicht zustehen, werden Kampfhormone produziert, die man durch Unwohlsein oder Stressgefühl spüren kann. Werden in diesen Situationen falsche Signale gesendet, können diese falschen Signale fatale Folgen haben. So neigen junge unerfahrene Mädchen dazu, schüchtern zu lächeln, wenn Männer ihnen zu nahekommen. Der Mann interpretiert dieses Lächeln als Aufforderung und kommt eventuell noch näher. Wenn man allein auf einer Bank sitzt, ist es unnatürlich, dass ein fremder Mensch sich nah heransetzt, solange noch anderweitiger freier Sitzplatz vorhanden ist. Machen Sie sich bewusst, welche Signale Sie senden, wenn Sie selbst anderen Menschen zu nahetreten. Zweideutige Signale können auch zweideutig interpretiert werden. (siehe Kapitel „Kommunikation“).

  1. Öffentliche Zone

Der Abstand, den wir normalerweise zu anderen, fremden Menschen einnehmen, beträgt ca. 3,60 m. Bei diesem Abstand fühlt man sich sicher. Der Abstand ist so groß, dass keine plötzlichen körperlichen Übergriffe stattfinden können und bietet genug Reaktionszeit, um mögliche Angriffe oder Übergriffe zu erkennen und auf diese reagieren zu können. Der Abstand ist auch groß genug, dass Krankheitserreger wie Viren und Bakterien sich in der Luft verflüchtigen und keine Gefahr von Ansteckung besteht.

  1. Soziale Zone

Die soziale Zone reicht von 1,20 m bis 3,60 m. Sie ist für soziale Kontakte oberflächlicher Art reserviert. Dies ist unser normaler Abstand zu anderen, vertrauten Menschen wie zum Beispiel Bekannten, Kollegen oder Vorgesetzten.

  1. Persönliche Zone

In unsere persönliche Zone zwischen 60 und 100 cm lassen wir freiwillig all jene Personen hinein, mit denen wir zwar nicht intim sind, die uns aber in einem so hinreichend hohen Maße vertraut sind, dass wir diese geringe Distanz gerne tolerieren.

  1. Intimzone

Die Intimzone ist der Bereich unter 60 cm. Die Vorbedingung, unter der man jemanden freiwillig in diese Intimzone lässt, ist Vertrauen. Aber bei weitem nicht jeder, dem man vertraut, darf in die Intimzone. Wird die Grenze zur Intimzone ohne die Zustimmung des anderen überschritten, wird dieses Verhalten mindestens als unangenehm oder sogar als unverschämt empfunden. Das Eindringen in die Intimzone ist ein Übergriff und damit keine normale Handlung. Wird die Intimzone eines anderen missachtet, wird gleichzeitig die Person missachtet.