Menschliches Verhalten

Die menschliche Persönlichkeit ist unterteilt in das Ober- und Unterbewusstsein, die beide das menschliche Verhalten beeinflussen. Das Oberbewusstsein machen die Denkprozesse aus, die bewusste Reflexion. Das Unterbewusstsein umfasst die unbewussten Handlungen, die Triebe, Antriebe und Automatismen. Ein Trieb ist ein Bedürfnis wie Hunger, Durst oder Schlaf. Antriebe sind die Kräfte, die uns antreiben, etwas zu wollen, zum Beispiel der Selbsterhaltungstrieb, Geschlechtstrieb, Muttertrieb, die Herrschsucht oder Habgier. Gesteuert werden wir durch unser Unterbewusstsein, unseren Charakter.

Jeder Trieb ist mit Energie besetzt und Energie ist Bewegung. Bedürfnisse oder auch Motive sind zielorientiert. Danach richtet sich unser Verhalten und unser Handeln. Ein simples Beispiel: Der Mensch hat das Bedürfnis „Hunger“, das Ziel ist „Sättigung“ und das Verhalten „Essen“.

Abraham Maslow hat die Theorie einer Bedürfnishierarchie entwickelt. Die Übergänge zwischen den Stufen sind fließend. Die ersten drei Stufen werden als Defizitbedürfnisse bezeichnet. Am Anfang stehen die Grundbedürfnisse, die sogenannten physischen Bedürfnisse oder auch Triebe und Antriebe. Es folgen materielle Sicherheitsbedürfnisse, wie eine geregelte Arbeit, eine Wohnung und geregelte Finanzen. Man kann auch sagen, eine materielle Sorglosigkeit. Danach kommen die sozialen Bedürfnisse wie Gruppenzugehörigkeit, Freundschaft und auch die Liebe. Haben Menschen einen hinreichenden Grad an Befriedigung dieser Bedürfnisse erreicht, hören Menschen auf zu experimentieren. Der Mensch möchte keine Fehler mehr machen. Er möchte nichts tun, um diesen zufriedenen Zustand zu gefährden. Außerdem hat Bekanntes Vorrang vor Unbekanntem. In einer fremden Stadt isst man, wenn man Hunger hat, vielleicht lieber in einer vertrauten überregionalen Restaurant-Kette als in einer unbekannten Pizzeria. Hier kennt man den Geschmack und ist sich sicher, satt zu werden. Bei der unbekannten Pizzeria weiß man nicht, was einen erwartet. Es könnte ein Reinfall werden, dann ist man weiter hungrig und hat Geld verschenkt.

Die nächsten Stufen sind die Wachstumsbedürfnisse. Bei den ICH-Bedürfnissen spielen individuelle Defizite eine Rolle. Defizite aus unserer Kindheit, die im zunehmenden Alter eine immer größere Rolle spielen. Es geht um eine Erhöhung des eigenen Status, der eigenen Macht, der Wertschätzung und Anerkennung.

Die letzte Stufe ist die Selbstverwirklichung oder auch Persönlichkeitsentwicklung. Menschen machen sich Gedanken über sich und den Sinn des Lebens, über Selbstfindung und Selbstführung bis hin zur Selbstbeherrschung. Eine Selbstfindung ist beispielsweise über Rituale, Religionen oder Esoterik möglich und sorgt für eine innere Ruhe und innere Kraft.

 

Für Außenstehende werden die Bedürfnisse und Ziele des anderen am Verhalten sichtbar, wozu primär die Kommunikation zählt (siehe Kapitel „Kommunikation“). Andere Menschen zu verstehen, heißt über die Kommunikation die Bedürfnisse des anderen zu erkennen. Die eigenen Bedürfnisse kann man über Selbstreflexion erarbeiten. Kennt man seine eigenen Bedürfnisse, versteht man meist auch sein eigenes Verhalten, Handeln und die eigene Haltung.

Fange an, die unbewussten Bedürfnisse ins Bewusstsein zu holen.
Marc Aurel

Menschen leben schon immer im Konflikt und im Kampf um Ressourcen miteinander. Im Kampf um die Ressourcen entwickelte der Mensch die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Zum einen um Vorteile gegenüber den anderen zu erzielen, zum anderen um die eigenen Bedürfnisse und Ziele vor anderen Menschen zu verschleiern. Hieraus resultieren Verhaltensweisen wie Manipulation, Überzeugen oder auch Schauspiel.

Beim Blick auf andere Menschen führen die Verschleierungstechniken zu einer Verzerrung. Sowohl Emotionen und der eigene Blickwinkel als auch geschlechtsspezifische Perspektiven spielen weitere Rollen. Das Verhalten/Handeln von Menschen, ob bewusst oder unbewusst, ist im Augenblick der Tatausführung immer richtig und kann sich im Nachhinein als falsch oder sogar katastrophal herausstellen. Wenn ein Mensch einen anderen anschreit, hat dieser schreiende Mensch eine so starke Emotion, dass er schreien muss. Ob sein Verhalten adäquat war oder nicht, stellt sich erst in der Rückschau heraus, ebenso wie der eventuell entstandene Schaden, den dieser Mensch mit seiner Schreierei angerichtet hat. In dieselbe Kategorie kann man das Verhalten von Menschen einstufen, die schlagen, abwerten, mobben, Macht ausüben oder andere Dinge tun, die sich für andere als ungerecht und verletzend erweisen. Auch Angst kann aus menschlichem Handeln resultieren oder eine Handlung motivieren. Angst ist der größte Antrieb des Menschen. Machtausübung (siehe die Kapitel „Beziehungen“, „Macht“) kann ein Anzeichen von Angst sein. Angst davor, seine eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen zu können, verleitet uns dazu, Macht über andere auszuüben. Aus Angst vor der Macht des einen handelt der andere.

Der Mensch, über den Macht ausgeübt wird, verhält sich aus Angst und mit dem Ziel, wieder sicher zu sein. Stellen wir uns eine eheliche Beziehung vor, in der die Frau die Macherin ist: Sie versorgt den Haushalt sowie die Finanzen und hat auch sonst alles im Griff. Der Mann geht arbeiten und ist ansonsten ungeordnet, vielleicht auch etwas chaotisch. Der Mann kümmert sich weiter um nichts und überlässt der Frau die Alltagslast. Eine solche Konstellation kann dazu führen, dass der Mann versucht, Macht über die Frau auszuüben, Macht in Form von Abwertung, Beschimpfungen oder sogar Schlägen. Der Hintergrund bei diesem Beispiel könnte sein, dass der Mann Angst hat, dass die Frau ihn verlässt und er dann allein ohne Unterstützung im Leben steht. Allein ist dieser Mann hilflos und unfähig. Um zu verhindern, dass die Frau ihn verlässt, zerbricht er ihren Selbstwert. Sie denkt dann tatsächlich, dass sie abhängig von ihm ist. Sie erkennt nicht, dass es sich genau umgekehrt verhält.

Das Verhalten von Menschen hat immer Ursache und Wirkung – auch gemäß dem dritten Kommunikations-Axiom von Paul Watzlawick (siehe Kapitel „Die fünf Axiome von Paul Watzlawick“). Menschen, die Ziele oder Visionen haben und nicht wissen, wie sie diese Ziele und Visionen erreichen, haben eine Unordnung im Verhalten (siehe Kapitel „Ordnung“). Oder es fehlt das Wissen, um sich zu verhalten, das Wissen um sein Schauspiel (siehe Kapitel „Manipulation“).