Männer und Frauen

Dass Männer und Frauen zwar „ungleich“ aber gleichwertig sind, steht heutzutage außer Frage. Aber selbst wenn sie sich gegenseitig gleichwertig behandeln, bleiben Konflikte zwischen Mann und Frau bestehen. Hierfür gibt es viele Gründe, beispielsweise die Erziehung durch die Eltern. Die Beziehung der Eltern untereinander – vorgelebte kulturelle Wertschätzung und Geschlechterrollen – ist dabei prägend. Ein weiteres Konfliktpotenzial birgt der mitunter geschlechtsspezifische Blickwinkel, die männliche oder weibliche Perspektive. Auch ist zu unterscheiden, ob die Blickwinkel „Mann-Mann“ oder „Mann-Frau“ und umgekehrt äquivalent sind. Es kristallisiert sich heraus, dass der Mann tendenziell für den Mann mehr Verständnis hat als der Mann für die Frau und umgekehrt. Jeder stülpt eigene Geschlechtereigenschaften über das jeweils andere Geschlecht. Der Mann stülpt männliche über die Frau und die Frau weibliche über den Mann. Es werden Ansprüche und Erwartungen an das andere Geschlecht gestellt, die schwer oder gar nicht erfüllbar sein können. Die Geschlechter beschäftigen sich zu wenig mit ihrem Widerpart, woraus Missverständnisse, Vorwürfe und andere Konflikte resultieren. Männer und Frauen sind dabei aber nicht geschlechtsspezifisch „rein“, jeder trägt Gene des anderen in sich. Man könnte es mit der Schnittmenge bei der Mengenlehre vergleichen. In der Schnittmenge überschneiden sich männliche Eigenschaften mit den Eigenschaften der Frau. Mal fällt die Schnittmenge größer, mal kleiner aus. Die Größe der individuellen Schnittmenge ist biologisch vorgegeben.

Auch wenn Männer und Frauen dieselbe Sprache sprechen – Deutsch, Englisch oder welche Sprache auch immer – artikulieren sie sich doch oft unterschiedlich und spezifisch. Durch die verschiedene Artikulation entstehen wiederum Missverständnisse und Konflikte. Ein kleines Beispiel: Hat der Mann Hunger, drückt er sich vermutlich in dieser Form aus: „Schatz, ich habe Hunger, gehen wir etwas essen?“ Demgegenüber findet der Mann, dass die Frau sich nicht so deutlich ausdrückt, wenn sie etwa fragt: „Schatz, hast Du Hunger? Da vorne gibt es etwas Leckeres zu essen.“ Der Mann versteht den Hinweis nicht und antwortet: „Nein, ich habe keinen Hunger.“ Er hört einzig die Frage, ob er Hunger hat. Die Frau aber hat auf ihre Art und Weise dem Mann mitgeteilt, dass sie selbst Hunger hat. Wenn eine Beziehung bereits problembelastet ist, kann es schon hier zu einem Konflikt kommen. Im Kapitel „Kommunikation“ wurde zum Appell ja schon beschrieben, dass die nicht gehörten Wünsche die Vorwürfe von Morgen sind. Wie viele Wünsche werden nicht gehört oder verstanden, allein durch die Art und Weise des sprachlichen Ausdrucks! Die Folge kann der bereits angeführte Teufelskreis sein.

Ein weiterer Unterschied zwischen Männern und Frauen liegt noch viel tiefer: Die Frau tendiert in der Beziehung zum Mann zum „Ohrentier“. Sieht eine Frau zum Beispiel einen attraktiven Mann, reagiert sie interessiert. Beginnt der Mann aber zu sprechen und passt die Stimme nicht zum Äußeren, kann das Interesse der Frau schnell verflogen sein. Oder andersherum: Wenn eine Frau eine tiefe Männerstimme hört, sucht sie nach deren Ursprung. Die Stimme hat in der Regel einen höheren Wert als das gute Aussehen des Mannes und Männer mit einer tiefen Stimme erscheinen den meisten Frauen weitaus interessanter zu sein als solche mit einer hohen. Frauen hören gerne schöne Worte von Männern und glauben diesen Worten. Das geht in einer Beziehung zwischen Mann und Frau solange gut, bis letztere sich betrogen fühlt, wenn sie womöglich herausfindet, dass sich hinter den Worten nichts verbirgt. Einen Betrug, eine Täuschung oder Mogelpackung erkennt die Frau oft besser als der Mann.

Für den Mann dagegen ist die Bezeichnung als „Augentier“ zumeist viel passender. Er schaut nach der Frau, wenn deren Äußeres attraktiv ist – die Stimme einer Frau ist erst einmal Nebensache. Der Mann als „Augentier“ ist der Grund, warum Dessous auf Männer wirken. Die Frau verschleiert und schminkt sich. Die männliche Vorstellung ergänzt das Bild und die Begierde nach dem weiblichen Körper wächst. Für den Mann geht der Reiz zum sexuellen Kontakt vom weiblichen Körper aus. Er nimmt wahr. Die Frau hat das Bedürfnis über die sexuelle Begegnung vom Mann wahrgenommen zu werden. Sie richtet sich für die Blicke des Mannes her. Der Mann umgibt sich mit Statussymbolen, um seinen Stand in der Gesellschaft zu demonstrieren. Stand und Statussymbole erzeugen bei vielen Männern die Überzeugung, attraktiv für Frauen zu sein und dadurch auch Rivalen auf Abstand zu halten. Männer wie auch Frauen profitieren vom Prinzip des Sehens und Gesehenwerdens. Es ist ein Hinweis auf die eigene Attraktivität beim anderen Geschlecht.

Die Unterschiede in der Konfliktbewältigung von Mann und Frau machen sich auch in der Kriegsführung bemerkbar. In den Geschichtsbüchern sind von der Antike bis heute unzählige Schlachten und Gemetzel als Ergebnis der männlichen Kriegsführung beschrieben. In vergleichbarer offener Form streiten viele Männer auch mit der Frau. Frauen wiederum bevorzugen den Guerillakrieg – heimlich und tückisch. Sie reduzieren ihre Aggression im Konflikt auf ein Minimum. Dieses Konfliktverhalten kann man beobachten, wenn Frauen sich unterschwellig „anzicken“, wie ein Mann es vielleicht ausdrücken würde. Frauen neigen dazu, gegen den Mann einen Krieg der Nadelstiche, des Meckerns und des Nörgelns zu führen. Es sind Sätze wie: „Schatzi, schau mal, Du hast die Gabel nicht richtig gespült“ oder: „Hast Du gesaugt? Hier liegen noch überall Haare herum.“ Diese Nadelstiche, das Meckern und das Nörgeln können einen Mann zur Weißglut bringen. Für den Mann fehlt aber die klare Front. Nadelstiche, Meckern und Nörgeln der Frau sind allein kein Grund, eine große Schlacht zu schlagen.

Die Frau kann ihre Vorteile in der häuslichen Umgebung ausspielen. Es sind die kleinen Details, die ihr auffallen und dem Mann womöglich nicht. Es liegt an den verschiedenen Blickwinkeln von Männern und Frauen. Frauen neigen zum Weitwinkelblick, vergleichbar mit einem 180°-Weitwinkelobjektiv. Durch diesen Weitwinkelblick nehmen sie sehr viel mehr von ihrem Umfeld wahr. In der Urzeit gehörte die Aufsicht über und der Schutz des Nachwuchses zu den weiblichen Aufgaben, mehr als dies beim Mann der Fall war. Schutz in der Form etwa, dass die Frau darauf achtete, was die Kleinkinder in den Mund nahmen, um so Gefahren und Krankheiten von den Kindern fernzuhalten. Hierfür benötigte die Frau ein weiteres Blickfeld und eine bessere Wahrnehmung ihrer Umgebung als der Mann. Vergleichbares Verhalten kann heute noch bei Müttern beobachtet werden. Mütter achten sehr darauf, was auf dem Boden herumliegt und dass die kleinen Kinder nicht alles in den Mund nehmen. Der Mann hingegen scheint für das Große geboren. Was interessiert einen Mann das Kleinzeug auf dem Boden, wenn es um das Große geht! Er ist ursprünglich für den Kampf und die Jagd gemacht, dafür benötigt der Mann eine Weitsicht. Feind und Jagdwild mussten auch aus beträchtlicher Entfernung erkannt und am besten aus angemessenem Abstand bekämpft und erlegt werden. Dazu musste der Mann Entfernungen und Geschwindigkeiten gut einschätzen können. Aus diesem Grund gelangen heutige Männer mitunter zu der Überzeugung, im Straßenverkehr besser überholen zu können als Frauen. Wie dem auch immer sei – hier können sich in jedem Fall weitere Konflikte verbergen. Welcher Mann kennt es nicht, dass, wenn er Auto fährt, die Frau als Beifahrerin ihren Unmut über die Fahrweise äußert. Oder andersherum der Mann als kritischer Beifahrer nervt.

Es existiert noch weiteres Konfliktpotenzial, das aus den unterschiedlichen männlichen und weiblichen Perspektiven erwächst. Der Mensch denkt in Bildern. Diese Bilder resultieren aus dem Standpunkt, an dem man sich befindet, und dem Blickwinkel des Mannes (Fernsicht) oder der Frau (Weitwinkel). Die Bilder werden gewertet und kategorisiert, entweder nach männlichen oder nach weiblichen Werten, Normen und Moralvorstellungen. So kommen sie dann im Bewusstsein an. Den Unterschied erkennt man am Verhalten von Männern und Frauen in alltäglichen Situationen. Ein Beispiel: Der Sohn ist auf einen Baum hochgeklettert, was den Vater mit Stolz erfüllt und die Mutter mit Sorge. Auch im Bereich der Sexualität bzw. Fortpflanzung unterliegen Männer und Frauen spezifischen Normen und einer spezifischen Moral. Die Frau schaut genau, mit welchem Mann sie sexuellen Kontakt hat. Denn falls sie schwanger wird, trägt sie das Kind dieses Mannes in sich. Die Art und Weise einer Zeugung (mit den extremen Gegenpolen Liebe und Vergewaltigung) kann später auch Auswirkungen auf die Mutter-Kind-Beziehung haben. Daher trägt die Frau nicht nur für sich die Verantwortung, sondern auch für die möglichen Konsequenzen von Sexualakt und Schwangerschaft. Demgegenüber besteht die biologisch vorgegebene Aufgabe des Mannes primär darin, sich fortzupflanzen.

Dies sind Beispiele, die aufzeigen, wie unterschiedlich Männer und Frauen sein können, obwohl sie auch Schnittmengen haben. Es geht um das Bewusstsein und die Bereitschaft, sich mit dem anderen Geschlecht zu beschäftigen, Toleranz aufzubauen und Verständnis für das Handeln der oder des anderen zu entwickeln. Die meisten, die sich ein Haustier als Familienmitglied zulegen, lernen die Eigenschaften und Verhaltensweisen des Tieres und beschäftigen sich mit dessen Wesen. Menschen, die einen Partner „geschenkt“ bekommen, beschäftigen sich weniger damit, was es heißt, eine Frau oder einen Mann an der Seite zu haben. Menschen nehmen den Zustand einer Partnerschaft als Selbstverständlichkeit des Lebens hin.