Betäubungs- und Suchtmittel sind Stoffe, die uns betäuben oder berauschen. Wer glaubt, dass Suchtmittel eine Erfindung von Menschen sind, der irrt. Es gibt sie länger als die Menschheit. Aber Menschen produzieren ihre jeweiligen Suchtmittel selbst, um sie anwenden oder konsumieren zu können – legal oder auch illegal. Die Einstufung, ob und welches Suchtmittel legal oder illegal ist, ist eine reine Definitionsfrage. Alle Betäubungsmittel haben Gemeinsamkeiten, sie beeinflussen den Bewusstseinszustand und machen Menschen abhängig. Nehmen wir beispielsweise Heroin. Die deutsche Bayer AG ließ sich das Medikament Diacetylmorphin am 27. Juni 1889 unter dem Handelsnamen Heroin schützen. Heroin wurde international als oral einzunehmendes Schmerz- und Hustenmittel vermarktet. 1909 wurde durch die internationale Opiumkommission eine Trennung zwischen legalen und illegalen Substanzen vollzogen. Der Hauptgrund war, herkömmliche Substanzen zu verdrängen und einen neuen Markt zu schaffen. Auf der ersten internationalen Opiumkonferenz von 1912 wurde zum ersten Mal ein staatenübergreifendes Verbot von Rauschmitteln diskutiert, welches ausschließlich politisch und nicht medizinisch motiviert war. Und was das Heroin betrifft: Erst 1931 nahm es Bayer nach politischem Druck aus der Produktpalette. Auch die heutigen starken Schmerzmittel wie Dihydroxycodeinon (bekannt als Oxycodon) haben einen sehr hohen Suchtfaktor, aber dieses Schmerzmittel steht auf der Liste der legalen Substanzen – obwohl Oxycodon als Droge missbraucht werden kann.
Was sind die Gründe für den Konsum von Betäubungs- beziehungsweise Suchtmitteln? Ungeachtet einer Vielzahl mehr oder weniger berechtigter Gründe ist der Hauptgrund des Drogenmissbrauchs, dass Menschen eine Situation nicht ertragen. Eine Situation im Hier und Jetzt, die Menschen Probleme macht. Der schnelle Ausweg ist die Betäubung beziehungsweise der Rausch. Menschen greifen zu Schmerzmitteln, sobald sie das Gefühl des körperlichen Schmerzes nicht mehr aushalten. Schmerzmittel nehmen das Gefühl von Schmerz und erleichtern die Situation. Oder man greift vorsorglich zu Schmerzmitteln, damit ein Schmerzgefühl gar nicht erst entsteht. Auch Situationen wie Langweile, Gruppendruck, Neugier, innere Leere, innerer Druck etc. können Auslöser für Suchtmittelkonsum sein. Die Gefahr bei Rauschmitteln ist, dass man nur wenig konsumieren muss und die Wirkung schnell eintritt. Im Kapitel „Bewusstsein“ wurde beschrieben, dass das Gehirn schnelle Lösungen bevorzugt und damit auch die schnelle Wirkung von Drogen. Daher interessiert den Menschen Dünnbier weniger als Schnaps, wenn es darum geht, einen Rausch zu erleben. Das Suchtmittel Alkohol mag gesellschaftlich anerkannt sein, es wird aber oft missbraucht als Konfliktlöser bei Sorgen, Stress, Ängsten und als Belohnungssystem. Alkohol verändert die Wahrnehmung und das persönliche Empfinden. Menschen, die zu viel Alkohol getrunken haben, verkennen Situationen, übersehen und deuten Gestiken und Mimik anders als im normalen, nüchternen Bewusstseinszustand. Der veränderte Bewusstseinszustand unter Alkoholeinfluss macht Menschen angreifbar.
Gesellschaftlich wird eher nach der Menge an Alkohol gefragt: „Wieviel kannst Du trinken?“, weniger nach der Häufigkeit: „Wie oft trinkst Du?“ oder dem „Warum?“. Menschen brüsten sich öffentlich damit, wie viel Alkohol sie trinken und vertragen. Wer keinen Alkohol verträgt, ist ein Weichei. Bei Jugendlichen wird eine Gruppenzugehörigkeit oft über den Konsum von Alkohol definiert und reguliert. So kann es passieren, dass Jugendliche, die wenig oder gar keinen Alkohol trinken, nur bedingt oder gar nicht in die Gruppe aufgenommen werden. Das liegt auch an der Akzeptanz von Rauschmitteln in der Gesellschaft. Spielfilme zeigen und spiegeln den gesellschaftlichen Umgang mit Rauschmitteln. Würden Kokain oder Cannabis hingegen als Salbe für alte Männerbeine vermarktet werden, wäre der Blickwinkel auf diese Drogen gesellschaftlich ein anderer.
Möchte man etwas verändern, muss man bei sich selbst anfangen, das gilt auch und gerade für die Suchtprävention. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu bedenken, dass Erwachsene Vorbilder für Kinder und Jugendliche sind. Wenn Eltern ihren Kindern vorleben, dass Alkohol als Problemlöser genutzt werden kann, wird die nächste Generation es ihnen in der Regel gleichtun. Dies wird deutlich an Kindern von Alkoholikern. Diese sind im Hinblick auf Alkoholmissbrauch deutlich gefährdeter als Kinder von Nicht-Alkoholikern.
Auch die Politik und die gesellschaftliche Stimmung haben Einfluss auf den allgemeinen Drogenkonsum. Ist eine Gesellschaft ausgeglichen, werden generell weniger Suchtmittel konsumiert. Und wenn sich die Suchtprävention auf die Bekämpfung des Rauschmittels beschränkt, ist der Erfolg fraglich. Gefährdete Menschen wählen dann ein anderes Rauschmittel, ändern aber nicht ihr Verhalten. Die Situationen, in denen Menschen zu Rauschmitteln greifen, bleiben dieselben. Wenn weniger Alkohol getrunken wird, wird deutlich mehr gegessen. Nutzt man Alkohol als Konfliktlöser bei geringem Selbstwert oder missbraucht ihn als Belohnungssystem, wird Alkohol zu einer Gewohnheit und man merkt nicht, wie sehr Alkohol das eigene Leben bestimmt. Bei Suchtmitteln sollte man sich immer den eigenen Konsum bewusst vor Augen führen, damit man bemerkt, wenn man es übertreibt. Das eigene Bewusstsein für die Gefährlichkeit von Drogen aus den Augen zu verlieren, endet irgendwann in Isolation und Krankheit, wobei die eigentlichen Probleme weiterhin bestehen. Ein Bewusstsein für Rauschmittel wie Alkohol und für die Folgen des Konsums zu schaffen, ist eine Form von Selbstverteidigung, von Selbstbewusstsein und Selbstkontrolle. Damit eine Suchttherapie funktioniert oder besser erst gar keine Sucht entsteht, muss also ein konkretes Sucht-Bewusstsein entwickelt werden: Wann und weshalb greift man zu betäubenden Substanzen? Haben Menschen beispielsweise ein Problem mit dem Belohnungssystem und belohnen sich mit Alkohol, sollte man sich folgende Fragen stellen: Fehlt mir Anerkennung und wenn ja – von wem? Die Lösung ist, das eigene Belohnungssystem zu verstehen und zu verändern. Ansonsten steht man doch weiterhin vor dem Problem, wieder eine Situation nicht auszuhalten. Auch hierzu bietet die Kampfkunst eine Weisheit:
Sich nicht mit positivem Denken quälen,
sondern den negativen Zustand erkennen und
auflösen, der positives Denken erst nötig erscheinen lässt.
Kampfkunst als Lebensweg